Der im Forschungsprojekt »Silicon Economy« entwickelte Dienst zur Ankunftszeitenprognose »KI-ETA« ist in der Praxis angekommen: Das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML hat die KI-basierte App in seine neue Plattform »Omnistics« aufgenommen. »Omnistics« – ein Kunstwort aus dem lateinischen »Omni« (alle) und »Logistics« – bündelt derzeit insgesamt vier Anwendungen, mit denen Transportunternehmen ihre Prozesse gezielt und entscheidend optimieren können. 

Welche KI-Lösungen beinhaltet »Omnistics«?

Neben der multimodalen Ankunftszeitenvorhersage »KI-ETA«, die unter dem neuen Namen »Pretime« Eingang in die Plattform gefunden hat, sind dies die Kapazitätsplanung »Capcast«, die Kostenabschätzung für Frachtraten »Frostimate« und der intelligente Chat- und Sprachassistent »LoOmni-Chat«. Nicht nur »Pretime«, sondern auch alle anderen Anwendungen setzen auf Künstliche Intelligenz. 

Wie können kleine und mittlere Logistikunternehmen von KI-Lösungen profitieren?

Das innovative Angebot des Fraunhofer IML richtet sich vor allem an kleine und mittlere Unternehmen in der Transportbranche, die bislang noch keinen Zugang zu KI-Lösungen gefunden haben. »Die großen Logistikdienstleister haben vielfach eigene Lösungen entwickelt oder Lösungen eingekauft. Für kleine und mittlere Betriebe kommt in der Regel weder das eine noch das andere in Betracht«, weiß Martin Friedrich vom Team Verkehrslogistik des Fraunhofer IML. »Unsere neue Plattform gibt ihnen nun die Möglichkeit, logistische Prozesse mithilfe von Künstlicher Intelligenz ohne eigene Infrastruktur und ohne große Investitionen zu optimieren.« »AI-as-a-Service« (AIaaS) nennt sich das Prinzip, angelehnt an das Vorbild Software-as-a-Service (SaaS): Software bzw. KI-Modelle werden dabei über das Internet bereitgestellt und können von Unternehmen in einem Abo-Modell genutzt werden. Martin Friedrich: »Unsere Anwendungen sind so einfach zu nutzen und so nützlich, dass sie auch Mitarbeitende überzeugen, die dem Thema Künstliche Intelligenz vielleicht noch skeptisch gegenüberstehen«, sagt Martin Friedrich. Zum Beispiel dann, wenn die Antwort auf die Frage »Was kosten drei Paletten von Frankfurt nach Sizilien im Mai?«, die sonst mühevoll recherchiert werden musste, in Sekundenschnelle auf dem Bildschirm erscheint.

Wie können Logistikunternehmen Open-Source-Software einsetzen?

Die vier Anwendungen bzw. Apps von »Omnistics« sind allesamt Entwicklungen aus dem Fraunhofer IML und entstanden in unterschiedlichen Projekten – entweder im Rahmen von industriefinanzierter Auftragsforschung oder in öffentlich geförderten Forschungsprojekten wie der »Silicon Economy«. »KI-ETA« ist die einzige Software, die als Open Source veröffentlicht wurde – ein Prinzip der »Silicon Economy«-Forschung. Damit steht sie jedem Unternehmen frei und kostenlos zur Nutzung zur Verfügung. Unternehmen können die Software damit in Eigenregie in ihre Systemlandschaft integrieren. Der Einsatz der Basis-Komponente erfordert jedoch unternehmensspezifische Anpassungen.

Im Rahmen eines Transferprojekts des Mittelstand-Digital Zentrum Ruhr-OWL bei der Spedition ecs-Logistics in Kreuztal im Siegerland haben die Forschenden der »Silicon Economy« das einmal durchgespielt – und dabei weitere wichtige Erkenntnisse gewonnen. »Das Transferprojekt hat uns zum einen gezeigt, wie präzise der Dienst Ankunftszeiten in der Praxis vorhersagen kann«, so Kai Hannemann vom Fraunhofer IML, Mitglied des »KI-ETA«-Projektteams der »Silicon Economy«. »Allerdings stellte sich dabei auch heraus, dass gerade gering-digitalisierte bzw. kleine und mittlere Unternehmen einen IT-Dienstleister benötigen, um die Software anzupassen«. Entsprechend rannte Hannemanns Kollege Martin Friedrich mit seiner Idee der »Omnistics«-Plattform auch bei ihm offene Türen ein.

Die Basis-Komponente für die Ankunftszeitenprognose befindet sich nach wie vor im Repository der Open Logistics Foundation. Ihre Verwendung in einer Plattform und die Nutzung als »AIaaS« ist nur eines von vielen denkbaren Geschäftsmodellen, die Open Source Unternehmen erlaubt. 

Wann wird »Omnistics« ausgerollt?

Das Interesse der Unternehmen an »Omnistics« ist groß. Noch befindet sich die Plattform in der Beta-Phase. Verschiedene Transportunternehmen testen die Lösungen auf »Omnistics« derzeit und leisten mit ihren Anforderungen aus der Praxis einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung – der Logistikdienstleister mit 500 Fahrzeugen, die national wie international unterwegs sind, ebenso wie die Spedition mit 50 Fahrzeugen, die heimische Steinbrüche anfährt. So verschieden die Unternehmen, so unterschiedlich die Nutzung der Plattform: Nicht jedes Unternehmen braucht jede Anwendung. Vielmehr können sich die Betriebe genau die Apps herauspicken, die sie wirklich brauchen. Betriebe, die mehrere oder alle Lösungen nutzen, profitieren doppelt, weil die Apps miteinander »sprechen« können. 

Der Roll-out von »Omnistics« ist für das Frühjahr 2025 vorgesehen. Die Experten für Transportlogistik am Fraunhofer IML können sich schon jetzt gut vorstellen, weitere KI-basierte Lösungen als Apps in die Plattform aufzunehmen.

Mehr zum aktuellen Stand der Entwicklung von »Omnistics« und zum Angebot für Unternehmen finden Sie hier